Blind-Date auf X: Musk trifft AfD-Chefin Weidel

Live-Talk auf X mit Weidel und Musk
© Kay Nietfeld/dpa-POOL/dpa

Bundestagswahlkampf

Berlin/Washington (dpa) - In einem Online-Gespräch mit AfD-Chefin Alice Weidel hat der US-Milliardär Elon Musk erneut massiv für die Partei geworben, während sie ein düsteres Bild von Deutschland zeichnete. «Nur die AfD kann Deutschland retten», sagte der Tesla-Chef und enge Berater des künftigen US-Präsidenten Donald Trump in dem Talk auf seiner Plattform X. Sonst werde es in Deutschland noch viel, viel schlimmer werden. Weidel nannte er eine sehr vernünftige Person.

Das mehr als einstündige, auf Englisch geführte Gespräch war der erste persönliche Austausch von beiden. Es wurde weltweit verfolgt und stand wegen Vorwürfen der Wahleinmischung auch unter besonderer Beobachtung von EU und Bundestagsverwaltung. Die Unterhaltung in einem sogenannten X-Space - einer in X integrierten Audioplattform - verfolgten laut einem dort sichtbaren Zähler rund 200.000 Nutzer. Da es aber auch möglich ist, sich anonym zuzuschalten, dürfte die Zahl deutlich darüber liegen.

«Welcome Alice»

Weidel war zu dem Gespräch von ihrem Bundestagsbüro in Berlin aus zugeschaltet. Der Unternehmer begrüßte die AfD-Chefin mit einem «Welcome Alice» und bat sie zuerst darum, Positionen ihrer Partei zu beschreiben. Weidel startete mit einer Generalabrechnung mit der Merkel-Regierung, bezeichnete die langjährige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Deutschlands «erste grüne Kanzlerin» und griff deren Zuwanderungs- und Energiepolitik an. Musk erklärte zwar, er sein ein großer Fan von Solarenergie, stimmte Weidel aber in ihrer Kritik an der Abschaltung der Atomkraftwerke zu.

Kreuz und quer durch die Themen

In dem Gespräch, in dem zuerst vor allem Musk die Fragen stellte und sich beide gegenseitig viel zustimmten und lachten, ging es kreuz und quer durch die Themen. Weidel kritisierte zu hohe Steuern in Deutschland und die Bürokratie. Musk berichtete von der Eröffnung seiner Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin. Er habe damals «einen Lastwagen voller» Papiere bei den deutschen Behörden abliefern müssen. 

Beide kritisierten EU-Regulation im Internet, Weidel kritisierte das deutsche Bildungssystem, Musk erklärte, Trump werde den Konflikt in der Ukraine sehr schnell lösen. Er fragte Weidel nach ihrer Haltung im Nahost-Konflikt und ob sie das Existenzrecht Israels anerkenne, was sie bejahte. Im Konflikt mit den Palästinensern sehe sie allerdings aktuell keine mögliche Lösung. 

Weidel: Hitler «war ein Kommunist»

Den Nationalsozialisten Adolf Hitler bezeichnete sie als «Kommunisten». «Nationalsozialisten, wie das Wort schon sagt, waren Sozialisten», sagte Weidel. «Er war ein Kommunist und sah sich selbst als Sozialisten.» Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten gehörten unter Hitler zu den politischen Gruppen, die von den Nationalsozialisten unterdrückt und verfolgt wurden.

Mars, Universum und auf der Suche nach Gott

Zum Schluss des Talks wurde es spacig: Musk kam bei einem seiner Lieblingsthemen, Mars-Reisen, ins Schwärmen, als Weidel ihn danach fragte - und bei seinen langen Ausführungen dann kaum noch zu Wort kam. Schließlich fragte sie Musk, ob er an Gott glaube. Er sei offen für die Vorstellung, sagte er. Sie sei immer noch auf der Suche, erwiderte die AfD-Chefin und schloss am Ende des Gesprächs mit: «Es war wunderbar.»

Illegale Parteienfinanzierung? 

Musk macht seit Wochen Werbung für die AfD, kombiniert mit Beschimpfungen deutscher Spitzenpolitiker. Das sorgt im Bundestagswahlkampf für viel Unruhe. Die Bundestagsverwaltung prüft, ob möglicherweise illegale Parteienfinanzierung vorliegt. Die Organisation Lobbycontrol hatte die Frage vor dem Gespräch mit Weidel aufgeworfen und darauf verwiesen, dass Wahlwerbung durch Dritte nach Parteiengesetz als Spende gelte. Spenden von außerhalb der EU über 1.000 Euro dürfen Parteien in der Regel dem Gesetz zufolge nicht annehmen.

Kritiker werfen Musk vor, mit Hilfe seiner enormen Reichweite den Ausgang der Bundestagswahl in Deutschland beeinflussen zu wollen. Seine Botschaften auf X lesen und teilen weltweit mehr als 210 Millionen Nutzer.

Treffen mit turbulenter Vorgeschichte

Das Treffen mit Weidel hatte eine turbulente Vorgeschichte. Kurz vor Weihnachten legte Musk der AfD ein dickes Geschenk unter den Baum: «Nur die AfD kann Deutschland retten», schrieb er auf seiner Plattform. Weidel bedankte sich postwendend. Der einsetzenden Debatte und Kritik über Einmischung in die Bundestagswahl setzte Musk zur Freude der AfD noch eins drauf und bekräftigte seine Aussage in einem Beitrag in der «Welt am Sonntag» - ausgerechnet in einer Zeitung - ein Medium, das zu den von Musk gescholtenen «alten» Medien gehört, denen er immer wieder unterstellt, Lügen zu verbreiten. 

Merz: Übergriffig und anmaßend

Der Beitrag, über den sogar gemutmaßt wurde, dass Musk ihn von einer KI habe schreiben lassen, feuerte die Debatte noch weiter an. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) nannte Musks Wahlaufruf für die AfD «übergriffig und anmaßend.» Kanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte, dass sich der Unternehmer - immerhin Berater des künftigen US-Präsidenten Donald Trump - «für eine in Teilen rechtsextreme Partei» einsetze, «die die Annäherung an Putins Russland predigt und die transatlantischen Beziehungen schwächen will».

Ansporn für den Tesla-Chef

Die Debatte spornte den Tesla-Chef nur noch weiter an. Als ein X-Nutzer vorschlug, er solle doch mit Weidel einen Live-Talk bei X machen, reagierte der Milliardär mit «ok» und schrieb später einer AfD-nahen Influencerin, die sich ebenfalls zu der Debatte geäußert hatte: «Warte bis Alice und ich ein X-Spaces-Gespräch führen. Dann verlieren sie ihren Verstand» - versehen mit zwei Lachsmileys mit Tränen. Schon bald darauf berichtete Weidels Sprecher von einem Austausch über ein Live-Gespräch mit Musks Team. Dieser habe sich bereits vor einigen Monaten für das AfD-Programm interessiert.

EU verfolgt Musks Aktivitäten aufmerksam

Die EU beobachtet Musks Aktivitäten schon länger. Seit gut einem Jahr läuft ein Verfahren gegen seine Plattform X. Geprüft wird, ob diese gegen das EU-Digitalgesetz (DSA) verstößt. Große Plattformen wie X, Tiktok oder Google müssen sich an bestimmte Regeln halten, sonst drohen ihnen hohe Strafen. Die EU-Kommission betont zwar, Meinungsfreiheit sei auch für Plattformbesitzer wie Musk geschützt, Plattformen müssten aber sicherstellen, dass sie nicht für die Manipulation von Wahlen oder die Untergrabung des zivilen Diskurses genutzt würden.

«Politico» hatte vorab berichtet, ein Team von bis zu 150 Beamten der Kommission werde den Musk-Weidel-Talk verfolgen. Dabei solle es aber weniger um die Inhalte des Gesprächs gehen, als darum, ob der Algorithmus von X den Livestream so prominent bei den X-Nutzern in Europa verbreitet, dass der AfD damit ein Wahlkampfvorteil verschafft wird.

© dpa-infocom, dpa:250109-930-338595/4
Elon Musks Online-Plattform X
Elon Musk erreicht mit seinen Nachrichten extrem viele Menschen: Seine Nachrichten auf der eigenen Plattform X (früher Twitter) werden von mehr als 200 Millionen Menschen weltweit verfolgt weiterverbreitet. © Algi Febri Sugita/ZUMA Press Wire/dpa
Elon Musk erreicht mit seinen Nachrichten extrem viele Menschen: Seine Nachrichten auf der eigenen Plattform X (früher Twitter) werden von mehr als 200 Millionen Menschen weltweit verfolgt weiterverbreitet.
© Algi Febri Sugita/ZUMA Press Wire/dpa
Live-Talk auf X mit Weidel und Musk
AfD-Chefin Alice Weidel kurz vor ihrem Talk mit Elon Musk.© Kay Nietfeld/dpa-POOL/dpa
AfD-Chefin Alice Weidel kurz vor ihrem Talk mit Elon Musk.
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